Chemische Schädlingsbekämpfungsmittel
Biozide
Bei den chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln kann man von Bioziden oder vereinfacht ausgedrückt auch von Giften sprechen. In der Schädlingsbekämpfung kommen viele verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz. Die wichtigsten dieser Wirkstoffe bzw. die wichtigsten Wirkweisen stellen wir Ihnen hier kurz in alphabethischer Reihenfolge vor:
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Anti-feeding-Effekt
Chemische Schädlingsbekämpfungsmittel, die den Antifeedingeffekt ausnutzen, enthalten spezielle Stoffe, die beim Schädling Ekel auslösen, was dazu führt, dass dieser das Fressen einstellt und so verhungert oder sich auf die Suche nach einem neuen Lebensraum begibt. Derartige Präparate werden erfolgreich gegen Vorratsschädlinge – in erster Linie gegen Käfer – eingesetzt.
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Antikoagulantien
Als Antikoagulantien werden Mittel bezeichnet, die blutgerinnungshemmende Wirkstoffe beinhalten. Diese Wirkstoffe basieren unter anderem auf Kumarin oder Indandion. Durch Antikoagulantien wird die Blutgerinnung gehemmt, es werden innere Blutungen verursacht und letztlich der Tod durch Verbluten herbeigeführt. Eingesetzt werden Antikoagulanzien als Rodentizide in der Bekämpfung von Schadnagern wie Ratten und Mäusen. Die Giftköder (Fraß- oder Kontaktgift) stehen in verschiedenen Formen z. B. als Wachsblöcke oder Köderbeutel zur Verfügung. Ein sehr bekannter Wirkstoff der Gruppe der Antikoagulantien ist das Warfarin. Grundsätzlich werden Antikoagulantien der ersten und zweiten Generation unterschieden. Die Wirkstoffe der zweiten Generation sind effektiver, weil hier die Wirkstoffaufnahme nicht an aufeinander folgenden Tagen erfolgen muss. Bei einigen Wirkstoffen reicht zudem eine einmalige Aufnahme aus. In einigen Gebieten Deutschlands gibt es Resistenzen gegen bestimmte Wirkstoffe der ersten Generation.
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C8-Fettsäuren
C8-Fettsäuren verursachen ein Verkleben der Atemöffnungen, was die äußere Atmung blockiert. Darüber hinaus kann es durch C8-Fettsäuren auch zu einer Zerstörung der Wachsschicht auf der Körperoberfläche der Schädlinge kommen, wodurch diese den Verdunstungsschutz verlieren und schließlich durch Austrocknung verenden. In der Schädlingsbekämpfung werden C8-Fettsäuren gegen Larven und Flöhe eingesetzt, wobei diese damit besprüht werden.
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Carbamate
Das Wirkprinzip der Carbamate ist ähnlich wie das des Organophosphorsäureesters, wobei sich der Abbauprozess bei den Carbamaten deutlich schneller vollzieht. Zu den Carbamaten gehört beispielsweise Propuxur, das auf Flohhalsbändern für Katzen und Hunde eingesetzt wird.
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Chitinsynthesehemmer
Beim Chitinsynthesehemmer handelt es sich um ein Gift, das regulierend in das Wachstum eingreift. Nach der Verpuppung können Larven keinen Panzer mehr nachbilden, wodurch die Schädlinge zwangsläufig absterben. Chitinsynthesehemmer werden gegen Schaben, Flohlarven und teilweise auch gegen Fliegenlarven eingesetzt.
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Chlorierte Kohlenwasserstoffe
Bei den chlorierten Kohlenwasserstoffen handelt es sich um Nervengifte, die von den Schädlingen über Nahrung und Atmung aufgenommen werden. Ein bekannter Wirkstoff ist Lindan, der das Nervensystem von Insekten über die Blutbahnen angreift. Es kommt in der Folge zu Erregungszuständen im Zentralnervensystem, die Krämpfe auslösen. Es findet eine Anreicherung der chlorierten Kohlenwasserstoffe im Fettgewebe und eine lange Speicherung im Körper statt. Chlorierte Kohlenwasserstoffe können gegen alle Schadinsekten eingesetzt werden.
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Energieblocker
Chemische Schädlingsbekämpfungsmittel, die als Energieblocker fungieren, stehen in Form von Gel oder Köderdosen zur Verfügung. Sie beinhalten einen Wirkstoff, der den Stoffwechselhaushalt der Schädlinge stört und die innere Atmung (ATP-Kreislauf) lähmt. Auf diese Weise sind die Tiere zwar zur Nahrungsaufnahme fähig, können die aufgenommene Nahrung aber nicht verwerten, wodurch sie schließlich verhungern. Eingesetzt werden Energieblocker beispielsweise gegen Pharaoameisen, Wegameisen oder Schaben.
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Juvenilhormone
Juvenilhormone zählen wie die Chitinsynthesehemmer zu den Wachstumsregulatoren. Durch den Einsatz wird verhindert, dass die Tiere auswachsen und damit geschlechtsreif werden. Ohne Geschlechtsreife findet keine weitere Fortpflanzung und Vermehrung mehr statt. Die Schädlinge sterben am Befallsort aus.
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Neemprodukte
Neemprodukte beinhalten einen Wirkstoff aus den Blättern des tropischen Niembaums (auch: Neem; Niem oder Margosa). Dieser Wirkstoff führt bei Vorratsschädlingen wie der Speichermotte zur Sterilität.
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Organophosphorsäureester
Organophosphorsäureester ist ein Nervengift, das eine Blockade der Synapsen (Verbindungsstellen der Nerven) verursacht. Die Lähmung des Nervensystems und schließlich der Atmung führt dann zum Absterben der Schädlinge. Kann gegen alle Arten von Schadinsekten eingesetzt werden.
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Pyrethrum / Pyrethroide
Pyrethrum ist ein natürlicher Stoff, der aus bestimmten Chrysanthemenarten gewonnen wird. Da Pyrethrum sehr schnell zerfällt und die Wirkdauer damit zeitlich sehr begrenzt ist, wurden die künstlichen Pyrethroide hergestellt. Diese sind im chemischen Aufbau an das natürliche Pyrethrum angelehnt, aber in der Zusammensetzung so verändert, dass sie langsamer zerfallen. Einige Pyrethroide haben eine Zerfallsdauer von mehreren Monaten und gehören damit zu den Langzeitinsektiziden. Eingesetzt werden Pyrethrum und Pyrethroide zur Bekämpfung von Insekten in aktiven Lebensstadien, wobei es eine Lähmung der Fortleitung von Signalen und Impulsen auf den Nervenbahnen ausgelöst wird. Gegen ruhende Insektenstadien wie Eier, Puppen oder Larven in Ruhephasen wie der Überwinterung helfen Pyrethrum bzw. Pyrethroide nur wenig bis gar nicht. Darüber hinaus birgt vor allem die Anwendung von Langzeitpyrethroiden Risiken für die menschliche Gesundheit.
Toxizität von chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln
Auf allen chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln sind neben den Inhaltsstoffen auch Angaben zur Toxizität (Giftigkeit) zu finden. In diesem Zusammenhang geht es um die Werte LD 50 bzw. LC 50 und LT 50:
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LD 50 / LC 50
LD 50 bzw. LC 50 gibt eine mittlere tödliche (letale) Dosis an, die bei 50% der Versuchstiere in einer bestimmten Zeit zum Tod führt. Je niedriger dieser Wert ausfällt, desto toxischer (giftiger) ist der Wirkstoff.
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LT 50
LT 50 gibt die Wirkungszeit an, in der 50% der Versuchstiere unter vorgegebener Konzentration getötet werden. Je kürzer die Wirkungszeit ist, desto giftiger ist der Wirkstoff.